„Naturschutz ist Motivation und Ansporn, etwas zu bewegen…“

Der ehrenamtliche Ortsbeauftragte für Naturschutz im Porträt


22. März 2018

 

Jörg Reimann ist seit 1990 ehrenamtlicher Ortsbeauftragter für Naturschutz in unserer Gemeinde. Seine Aufgabe ist es, in Angelegenheiten des Naturschutzes und der Landschaftspflege zwischen der Naturschutzbehörde und der Gemeinde Wittenborn zu vermitteln. In den vergangenen Jahren konnte er zusammen mit anderen Gemeindemitgliedern zahlreiche Naturschutz-, Naturpflege- und Gestaltungsmaßnahmen umsetzen.

 


Jörg Reimann (77) ist seit 1990 ehrenamtlicher Ortsbeauftragter für Naturschutz in Wittenborn

 

Ein aktuelles Projekt ist das Anlegen einer Streuobstwiese auf der ökologischen Ausgleichsfläche am Neubaugebiet Bürgermeister-Petzold-Straße. Unter anderem gehört hierzu die Obstbaumbepflanzung und die Errichtung eines „Historischen Baumpfades“. Einige Einwohner Wittenborns haben selbst Apfel-, Kirsch-, Birn- und Zwetschgenbäume, Ebereschen, Wildbirnen, Vogelkirschen, Feldahorn und Winterlinden gepflanzt. Insgesamt wurden 50 Bäume gesetzt, für 30 davon gibt es Baumpaten.

Die Bäume der Randbepflanzung bilden den historischen Baumpfad. Jeder Baum trägt ein Datum aus der Wittenborner Historie. Der Pfad beginnt mit dem Datum der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1137 und endet mit dem Anschluss Wittenborns an das Glasfaser Kabelnetz im letzten Jahr. Wir durften Jörg Reimann und dem Gemeindearbeiter Dirk Plewka beim Anbringen der Beschilderung über die Schulter gucken.

 


In der Werkstatt der Gemeindearbeiter werden die Schilder präpariert …


und auf Pflöcke geschraubt.


Insgesamt werden 50 Schilder …


für die Bäume auf der Streuobstwiese montiert.


Für 30 Bäume haben Wittenborner/innen Baumpatenschaften übernommen.

 

Was macht Wittenborn für Sie einzigartig?

Das eigene Haus in einer sehr schönen Landschaft in einem ruhigen, beschaulichen Dorf. Es gibt hier nichts Spektakuläres. Die kleinen Dinge im Leben sind manchmal spektakulärer als die grossen. Und der alte Dienstort, in dem ich immer noch viele Menschen kenne. Wittenborn ist ein Stück Lebensheimat. Als Kind bin ich auf dem Gut Wiedenborstel bei Kellinghusen groß geworden. Es war dort sehr schön, auch wenn es Nachkriegszeit war. Wir waren 30 Kinder und hatten nie Langeweile. Mein Vater war dort landwirtschaftlicher Verwalter.

In Wittenborn durften meine Frau und ich ab 1967 die Schule betreiben und das Lehrerhaus bewohnen. Das war damals ein ungeheurer Glücksfall. Wittenborn kannten wir schon als Kinder. Ich habe einen Teil meiner Jugend in Hartenholm verbracht, da sind wir im Sommer häufig mit dem Rad zum Baden hergefahren.

 

„Es gibt hier nichts Spektakuläres. Die kleinen Dinge im Leben sind manchmal spektakulärer als die grossen.“

Jörg Reimann



Die Wittenborner Baumpaten pflanzten ihre Bäume im letzten Herbst.


Jörg Reimann hatte die Idee für den „Historischen Baumpfad“ beim Spazierengehen.


Auf der Streuobstwiese kommen dann …

alle Schilder …


an den für sie vorgesehenen Platz.

 

In Wittenborn durften meine Frau und ich ab 1967 die Schule betreiben und das Lehrerhaus bewohnen. Das war damals ein ungeheurer Glücksfall.

Jörg Reimann

 

Haben Sie in Ihrer Funktion als ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter je etwas Ungewöhnliches erlebt?

Ich pflege jedes Jahr den Nistkastenbestand in der Gemeinde. Insgesamt sind das ca. 500 Nisthilfen, die ich reinige, kontrolliere und im Bedarfsfall repariere.


In einem der Nistkästen habe ich schon ein Schulterblatt von einem Reh gefunden, in anderen Wanderratten und Frösche.

 

 

Dirk Plewka und Jörg Reimann beim Eingraben der Schilder auf der Streuobstwiese.

 

 

„Früher sind wir im Sommer mit dem Rad zum Baden nach Wittenborn gefahren.“

Jörg Reimann

 

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass das Bemühen um ein grünes, ökologisch intaktes Gemeindegebiet von allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bejaht, unterstützt und gefördert wird. Vielleicht lassen sich die Ideen, in der Schafheide einen biologischen Lehrpfad anzulegen und am Todesfelder Weg einen zweiten Bürgerwald zu begründen, irgendwann verwirklichen.


Der Gedanke, dass die Natur auf uns Menschen verzichten kann, wir selbst aber ohne eine gesunde Umwelt auf die Dauer nicht existieren können, ist mein Ansporn für weiteres Bemühen um Naturschutz und Landschaftspflege.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

 


Unser Gemeindearbeiter Dirk Plewka unterstützt Jörg Reimann bei der Beschilderung der Bäume.


Die Schilder des „Historischen Baumpfades“ verweisen auf die Nennung des jeweiligen Themas in der von Jörg Reimann verfassten Ortschronik.

 

 

Ein wenig Naturschutz macht Sinn

Gedicht von Jörg Reimann, entstanden im März 2018

 

Auf einer Wanderung begegnete
ich einem Menschen, der mich kannte.
Ein trüber Tag! Kalt war’s. Es regnete.
Wir grüßten uns. Der And’re nannte
mir seinen Namen. Und schon bald
macht er mit mir schutzsuchend halt.

Die dichten Zweige großer Fichten
schienen geeignet zum Verweilen.
„Wie geht’s?“ fragt er. Ich konnt‘ berichten,
begann ihm freudig mitzuteilen,
dass ich auf Wittenborner Flur
Int’resse hab‘ an der Natur.

Ich sprach von manchen Dorfaktionen,
von Pflanzungen und Frühlingszwiebeln,
Natur bereichern, Umwelt schonen.
Er hört’s und sagt: „Tu’s nicht verübeln!
Meinst Du, Du könnt’st die Umwelt schützen?
Wird, was Du tust, denn wirklich nützen?

Blühende Sträucher auf Rabatten,
ein Bürgerwald, ’ne Streuobstwiese,
welch Sinn wohl diese Dinge hatten!
Was bringen Maßnahmen wie diese?
Nisthilfen an Gemeindebäumen –
Trugbild von Weltbewahrerträumen?

Du wirst, da könnt‘ ich mit Dir wetten,
mit Zwerg-Ideen, Mini-Projekten
die Welt nicht vor Zerstörung retten!
Die Forscher, wie Du weißt, entdeckten
lebensbedrohende Probleme,
wenn nicht sehr bald schon Hilfe käme.

Der Mensch baut und versiegelt Böden,
beansprucht Raum, giert nach Resourcen.
Weil Wasser fehlt, muss Land veröden
und Völker weltweit ‚will be poor then‘.
Es qualmt aus Schornsteinen und Essen.
Das Gletschereis schmilzt unterdessen,

Der Meeresspiegel steigt dramatisch.
Tiefländer drohen zu versinken.
Abgase machen kleinklimatisch
das Atmen schwer, uns krank – und stinken.
Wir produzieren Schmutz, Abwasser, Mist.
Müll wird, was nicht zu brauchen ist.

Durch uns’re Meere wabern Schichten
aus Kunststoffen und Plastikstücken.
Bakterien können da nichts richten.
Der Wellenschlag wird sie zerpflücken,
zu Mikroplastik sie zerreiben,
sie ewig hier- und dorthin treiben.

Weil wir die Flüsse überdüngen
und Klärwerke extrem belasten
mit Putzchemie und and’ren Dingen
auch aus dem Medizini-Kasten,
die Fachwelt sorgenschwer erkennt,
Mikroben werden resistent!

Ich unterbrach mein Gegenüber:
„Ich weiß, die Welt ist in Gefahr.
Der Globus kränkelt sehr, mein Lieber,
und schlimmer wird’s von Jahr zu Jahr.
Mit Recht beschreibst Du viele Sachen,
die uns auf Erden Kummer machen.

lch denk‘, es hilft ein wenig schon,
im eig’nen Dorf Natur zu pflegen.
Naturschutz ist Motivation
und Ansporn, etwas zu bewegen.
Ein Baum, ein Strauch, ein Vogelhaus –
Die kleine Welt sieht schöner aus!“

Es hatte aufgehört zu regnen.
„Adieu! Leb Wohl! Auf Wiedersehen!
Nett ist’s, wenn zwei sich mal begegnen!“
Er ging. Ich blieb nachsinnend etwas stehen:
„Die Welt gesundet und wird lachen,
wenn viele Menschen Gutes machen.“

Jörg Reimann, März 2018

 

Jörg Reimann und Dirk Plewka

 

Fakten zur Tätigkeit des ehrenamtlichen Ortsbeauftragten für Naturschutz in Wittenborn

Aufgaben:
Vermittlung zwischen der Naturschutzbehörde und der Gemeinde Wittenborn in Angelegenheiten des Naturschutzes und der Landschaftspflege

Auszug bisheriger Projekte:
• Aufbau und Betreuung eines Amphibienfang- und Schutzzaunes in den Frühjahrsmonaten (1990 – 1998)

• Renaturierung der Hirtenwiesen und Anlage von zwei Teichen als Ausgleichsbiotop

• zahlreiche Bepflanzungs- und Begrünungsmaßnahmen, z.B. an der Ostseite des Dorfkamps (1991), am Kompostplatz, an der Industriestraße (1996), am Kirchsteig, an der Verkehrsinsel und am Randstreifen Richtung Kükels (1997), auf dem Kindergartengelände (1998), am Sportlerheim (2000), am Kükelser Weg, am westlichen Ende des Sanddörp (2002)

• Begrünung des Randstreifens an der Bürgermeister-Juister-Straße, auf den Verkehrsinseln „Am Karpfenteich“ (2004)

• gärtnerische Gestaltung des Ehrenmalgeländes (2005)

• Anlage eines Bürgerwaldes zwischen Industriestraße und Kompostanlage (ab 2006)

• Bepflanzung der Verkehrsinsel am Fußsteig Dorfkamp-Seestraße-Amselweg und Knickbepflanzung am Todesfelder Weg (2012)

• Anlage einer Streuobstwiese am Neubaugebiet Bürgermeister-Petzold-Straße (ab 2017)

• Anbringung und Pflege der Nisthilfen in der Gemeinde (jährlich seit Ende der neunziger Jahre)

• Aktion „Wittenborn erblüht“: Setzen von Frühblüherzwiebeln auf Rasenflächen in Wittenborn (jährlich seit 2011)

 

In zwei bis drei Jahren können vermutlich die ersten Früchte auf der Streuobstwiese geerntet werden.

 
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Idee, Bild und Text: Daniela Sarau und Rainer Deutschmann

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